Dr. Michael Spindelegger, Generaldirektor des ICMPD, war zu Gast beim IUFE |
Migration gestalten, nicht verhindern
Laut Dr. Spindelegger ist Migration ein historisches und dauerhaftes Phänomen, das nicht verhindert, wohl aber gesteuert werden kann. Ziel des ICMPD sei es, durch Migrationsmanagement geordnete und faire Prozesse zu schaffen. Dabei müsse sowohl auf das individuelle Schicksal als auch auf die strukturelle Belastbarkeit der Aufnahmestaaten geachtet werden. Das ICMPD ist in Herkunftsländern wie Pakistan oder Bangladesch aktiv, wo es Informationsarbeit leistet und realistische Erwartungen an Migration kommuniziert.
Herausforderungen für Europa
Europa steht laut Spindelegger vor einer doppelten Herausforderung: Hohe Zahlen an Schutzsuchenden (z. B. aus der Ukraine) und zunehmende irreguläre Einreisen. Die europäischen Verwaltungen seien durch die hohe Zahl von Asylanträgen (etwa 2,2 Millionen pro Jahr) stark gefordert. Während der geregelte Zuzug bewältigbar sei, bereiteten besonders irreguläre Einreisen große Schwierigkeiten.
Erwartungen an die EU-Kommission
Dr. Spindelegger sieht die neue EU-Kommission vor großen Aufgaben. Der neue Migrationskommissar Magnus Brunner müsse den Asyl- und Migrationspakt umsetzen, Abkommen mit Herkunftsländern schließen und Rückführungsrichtlinien vorlegen. Zudem gelte es, mit problematischen Regimen im Sahel oder den Taliban pragmatische Wege der Zusammenarbeit zu finden, etwa über Drittorganisationen.
Asylverfahren und Menschenrechte
Zur Kritik an Grenzverfahren betont Dr. Spindelegger, dass schnelle Asylverfahren rechtsstaatlich möglich seien, wenn sie professionell aufgesetzt würden. Er sieht klare Unterschiede zwischen dem Rwanda-Modell Großbritanniens, das er ablehnt, und dem von Italien geplanten Modell mit Albanien, das EU-konform sei.
Bezugnehmend auf die zunehmende Bedeutung von Gerichtsurteilen, etwa durch den EGMR, betont er die Notwendigkeit, rechtliche Grundlagen zu überprüfen und anzupassen, da ein dauerhafter Schutz für alle faktisch nicht umsetzbar sei.
Klimawandel und Migration
Klimawandel wird vom ICMPD als verstärkender Faktor für Migration anerkannt, allerdings nicht als eigenständiger Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Aktuell handle es sich meist um Binnenmigration. Dr. Spindelegger betont jedoch die Notwendigkeit internationaler Instrumente für Fälle wie überflutete Pazifikinseln. Forschung sei geplant, Projekte fehlten bislang aufgrund mangelnder Finanzierung.